mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'NEGAtief 24/2010', Interviewer:'Heiko Nolting', about: 'R.E.T.R.O', Date: 2010-03-01
 
Link: NEGAtief 24/2010
 
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Ja, auf Punkte scheinen mind.in.a.box. zu stehen. Nicht umsonst heißt das neue Werk 'R.E.T.R.O'. Und hier bleiben die Jungs ihrer Linie treu und bestechen durch ihren eigenen Stil, der als eine Mischung aus Future Pop und Minimalelectro zu beschreiben ist. Stev hat uns zum neuen Streich der Band Rede und Antwort gestanden und man kann mit Stolz sagen, dass sich Blut und Schweiß für die Vollendung des Silberlings gelohnt haben.
 
Die ersten drei Alben waren eine Trilogie. Erzählt doch mal den Lesern, die eure früheren Werke nicht kennen, worum es geht.
Das Konzept von mind.in.a.box stellt eine Metapher für bestimmte Aspekte unserer echten Welt dar, die in eine Science-Fiction-artigen Welt übertragen und in unseren Songs erzählt werden. Es geht darum, nicht das tun zu können, was man tun will, nicht frei zu sein. Wir erzählen mit unseren Songs Ge- schichten aus einer scheinbar fiktiven Welt, die wir zu einer übergreifenden Story verbinden, der Welt von mind.in.a.box. Im letzten Album 'Crossroads' ging es beispielsweise hauptsächlich um den Protagonisten 'Black', ein ehemaliger Agent der Agency, der versucht Klarheit zu bekommen, auf welcher Seite er zu stehen hat. Deswegen auch der Albumtitel 'Crossroads'. Unser neues Album 'R.E.T.R.O' ist eine Ausnahmeerscheinung und hat in diesem Sinne nichts mit der Welt von unseren letzten drei Alben zu tun. Wir widmen uns auf 'R.E.T.R.O' unserer eigenen musikalischen Vergangenheit, quasi dem Ursprung meiner elektronischen Musik.
 
Der Name 'R.E.T.R.O' ist damit Programm. Wie entstand diese Idee für das Album?
Die Idee dazu hatte, wenn ich mich richtig erinnere, unser Labelboss Stefan Herwig. Mir gefiel es sofort, vor allem mit den Punkten dazwischen. Das passte irgendwie perfekt.
 
Beim ersten Hören fiel mir sofort der Name Jean Michel Jarre ein, hat seine Musik euch inspiriert?
Nicht direkt. Jean Michel Jarre war für mich in der Vergangenheit auf jeden Fall eine große Inspirationsquelle. Möglicherweise kann man das in dem ein oder anderen mind.in.a.box Track erkennen, doch für 'R.E.T.R.O' waren die großartigen Künstler aus der Commodore64 Zeit wie Rob Hubbard, Reyn Ouwehand, Chris Hülsbeck und wie sie alle hießen, meine Vorbilder. Dieser Tribut gehört ganz allein ihnen.
 
Das Cover zeigt eine Datasette, ein Relikt aus den 80ern. Erinnerungen an eure Jugend oder fühlt ihr euch von Welle: Erdball in Sachen Commodore 64 beeinflusst?
Welle:Erdball kannte ich zu der Zeit nicht. Ich mag ihre Musik wirklich sehr, aber ich denke, da gibt es vom Stil her doch einen sehr großen Unterschied. Ich finde das Cover von 'R.E.T.R.O' spiegelt sehr gut wider, wie die Musik auf dem Album klingt. Eine Kassette mit Retromusik in einer mind.in.a.box Datasette ab- gespielt. Ich finde das passt perfekt. Genau so klingt das Album auch.
 
Euch gibt es nun seit 2002 und ihr werdet als die Nachfolger in Sachen Future Pop benannt. Beschreibt doch mal eure Musik und kommt ihr mit diesem Erbe zurecht?
Vielen Dank! Ich überlasse diese Stilbezeichnungen eigentlich lieber den Medien, aber in diesem Falle fühlen wir uns geehrt. Ich würde unsere Musik als futuristisch, weich, trancelastig und auch als kompliziert bezeichnen. Wir haben natürlich auch den ein oder anderen eingängigen Song, aber oft auch Stücke, die sich vom klassischen Songaufbau distanzieren. Von 'weniger ist mehr' halte ich in der Musik eigentlich nichts. Bei mind.in.a.box überlagern sich die Sequenzen nur so bis zum Zerbersten. Natürlich gibt es auch hier wieder Ausnahmen wie beispielsweise 'I Love 64'. Unser minimalistischster Song überhaupt, würde ich behaupten. Ein Fan von uns hat unsere Musik einmal als 'Emotionell' anstelle von 'Rhythmus' orientiert beschrieben. Diese Beschreibung gefällt mir sehr gut.
 
Die ersten Stücke sind Instrumentale. Ist euch das Musikalische wichtiger als der Gesang?
Auf 'R.E.T.R.O' sind einige Commodore 4 Covers, die ich durch meine Stimme nicht verschandeln wollte. 'The Last V8' von Rob Hubbard ist hier allerdings eine Ausnahme und wir haben hier Gesang dazugebaut. Ich hoffe, Rob Hubbard nimmt es uns nicht übel. 'R.E.T.R.O' ist nun mal ein sehr eigenwilliges Album, eine Mischung aus C4 Covers und eigenen Tracks, die alle ein gewisser 'Retro-Touch' verbindet. Ein reines Instrumentalalbum wäre nur schwer zu veröffentlichen gewesen und so waren wir bemüht, hier einen guten Kompromiss zu finden. In Summe gibt es auf 'R.E.T.R.O' nun fast die Hälfte an Tracks mit Vocals.
 
Das Ganze besticht durch seine düstere Art im Sinne von Science-Fiction, Absicht oder Zufall?
Ich glaube, ich kann es gar nicht anders; wenn ich Musik mache, klingt es wohl immer etwas nach Science-Fiction. Mir war es sehr wichtig, diese alten Tracks in ein frisches Gewand zu packen und cool klingen zu lassen. Ich versuchte sie so zu gestalten, wie ich sie in Erinnerung hatte. Der originale 'Last Ninja ' Track hatte damals beispielsweise für mich so eine unglaubliche Kraft, die aber aus heutiger Sicht für Leute, die mit C4 Musik nichts am Hut haben, wohl nur schwer nachzuempfinden ist. Ich wollte diese alten Tracks auch aus heutiger Sicht cool klingen lassen und sie aber in ihren elektronischen Grundzügen so belassen, wie sie sind. Das war mein persönliches Ziel dieser Coverversionen.