mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'Zillo 07/2004', Interviewer:'Marc Urban', about: 'Lost Alone', Date: 2004-07-01
 
Link: Zillo 07/2004
 
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Kaum ein Kunstschaffender, der heutzutage nicht ins Rampenlicht will. Ja, mittlerweile hat sich der einstige Ansatz, durch Können überhaupt erst berühmt zu werden, sogar ins Gegenteil verkehrt. In der Regel sind es inzwischen doch allenfalls Semi-Begabte, die durch welche Aktionen auch immer versuchen, ihre Visage ins Licht der Öffentlichkeit zu halten.

Glücklicherweise gibt es aber auch immer noch Künstler, die ihr Schaffen als das eigentlich Wichtige ansehen. Die lieber ihr Werk als ihren Mund sprechen lassen. Zu dieser Sorte zählt auch Stefan Poiss, der mit mind.in.a.box. einen elektronischen Grenzgänger mit tiefgründigem Ansatz geschaffen hat.

Das Markanteste an mind.in.a.box und deren Debütalbum 'Lost Alone' ist zweifellos der Gesang, der selten natürlich, sondern meist verzerrt daher oder direkt aus dem Computer kommt. Mit diesen Spielarten versucht Stefan Poiss - der gemeinsam mit Texter Markus Hadwiger an mind.in.a.box arbeitet - nicht nur ganz bestimmte Stimmungen zu erzeugen, sondern diese auch adäquat zu vermitteln. Und genau wie bei einem Hörspiel bedeuten unterschiedliche Stimmen auch unterschiedliche Personen. Für S.P. sind diese Gesangsvariationen daher auch ein ganz wichtiges Element von mind.in.a.box: 'Wir wollen einerseits viel Abwechslung bieten und überraschen, andererseits passen die verschiedenen Vocal-Stile oft zu den einzelnen Songs, und so konnten wir die Story, die wir erzählen wollten, viel besser rüberbringen. Unterschiedliche Stile repräsentieren auch oft verschiedene Personen in den Geschichten der ‚mind.in.a.box-Welt'.'

Diese 'mind.in.a.box-Welt' handelt gemäß der wörtlichen Übersetzung von verschiedenen Formen der Isolation, mal eher abstrakt, dann aber auch wieder ganz konkret. S.P. erklärt: 'Sehr vereinfacht gesagt geht es bei unserem Konzept und der ‚Welt von mind.in.a.box', in der die Geschichten spielen, um mehrere unterschiedliche Gefühle beziehungsweise Thematiken der Isolation und Einsamkeit, die sich aber doch sehr gut ergänzen.

Das eine ist das Gefühl, nicht wirklich frei zu sein und in einer Welt zu leben, die viele als zunehmend egoistisch und auf sich selbst zentriert empfinden. Unsere Welt wird stark von äußeren Zwängen und Normen bestimmt, die heute auch sehr stark von den Medien vorgegeben werden und denen man sich nicht so leicht entziehen kann. Ein gutes Beispiel ist die Arbeit. Wenn man selbst damit glücklich ist zu tun, was man tut, dann ist man auf gewisse Weise frei. Arbeitet man nur, um Geld zu verdienen, um existieren zu können, würde aber eigentlich viel lieber auf andere Art und Weise seinen Lebensunterhalt verdienen, so ist man schon ein Gefangener in diesem System, aus dem man ohne das Risiko, seine eigene Existenz zu gefährden, nicht herauskommt. Ich zähle mich da gleich selbst dazu.

Ein andres Gefühl bezicht sich auf Menschen, die sich durch ihre Einstellung oder Haltung selbst isolieren, vielleicht auch eine Zeitlang glauben, dass sie genau das tun, was sie tun möchten, in Wirklichkeit aber sehr einsam und verlassen sind. Mind.in.a.box steht hier für 'nicht rauskommen' aus sich selbst, nicht die Fähigkeit zu besitzen auszubrechen, aus dem eigenen Dasein, Tun oder Denken.

Die 'mind.in.a.box-Welt' und die Geschichten, die wir erzählen wollen, sind eine Metapher für diese und andere Gefühle.'
Und diese Welt scheint S.P. dermaßen am Herzen zu liegen, dass er als Verantwortlicher dann auch gerne hinter dem Gesamtkonzept zurücksteht.

'Wir wollen mehr das Konzept Hinter mind.in.a.box in den Vordergrund rücken als und als Personen', bestätigt Stefan Poiss, der besagtes Konzept auch nicht nur musikalisch umsetzen will: 'Im Kürze soll eine Geschichte in diversen Musikzeitschriften abgedruckt werden, die von dieser 'mind.in.a.box-Welt' inspririert ist.' Stefan war es offenbar jahrelang selbst so sehr, dass auch er kaum in Interaktion mit der Außenwelt trat Zumindest, was mind.in.a.box anbelangte. Denn ehe er sich der professionellen Vermarktung seiner Musik widmete, werkelte er erst einmal einmal einige Jahre im stillen Kämmerlein vor sich bin. In seiner ganz persönlichen mind.in.a.box-Welt.

'Ich machte früher fast ausschließlich instrumentale Tracks und Soundtracks zu Computerspielen', erinnert er sich. 'Als ich meine ersten Vocal-Tracks an die Plattenfirmen losschickte, hatte ich noch zu wenig Material für ein komplettes und in sich stimmiges Album. Hinzu kam, dass noch einige Verbessrungen der Klangqualität notwendig waren. Es fehlte mir damals einfach das notwendige Equipment und Wissen, wie dieser Zeit relativ egal war, weil ich eigentlich nie eine Platte rausbringen wollte. Wie gesagt, ich machte in einem anderen Bereich Musik, ziemlich abgeschottet von der allgemeinen Musikszene. Vielleicht auch ein Grund, warum meine Musik einen sehr eigenen Stil Hat.' Trotzdem ider gerade deswegen wurden einige Plattenfirmen hellhörig, als sie das erste Material von mind.in.a.box in Händen hielten. 'Es waren sogar einige Major-Firmen an gewissen Songs interessiert', konstatiert Stefan. 'Ich war dann wegen zwei Songs bei zwei verschiedenen Produzenten, bei denen ich in punkto Abmischung sehr viel dazulernte. Meine Songs entstanden damals allesamt auf einem selbstgeschriebenen Sequenzer, den Markus programmiert hatte. Diesen Sequenzer namens 'MFD' verwendete ich mehr als zehn Jahre - ich bin übrigens der Einzige, der ihr jemals benutzte!

Mir wurde bei den Produzenten dann klar, dass ich meine Songs selbst produzieren musste, wen ich meinen 'eigenen Sound' beibehalten wollte.So investierte ich dann in notwendige Teile für mein Studio und produzierte selbst alle Songs noch einmal und noch einige weitere hinzu. Im Prinzip entstand das Album 'Lost Alone' dadurch zweimal.'


Im Vorfeld dieses Debütalbums traten mind.in.a.box nur ein einziges Mal in Erscheinung, und zwar auf dem gerade erschienenen vierten Teil der 'Septic'-Reihe. Und auch wenn ihr dort veröffentlichter Track 'Beyond The World' seither einige Meriten eingefahren hat, für mind.in.a.box ist er eher untypisch. Von den einzelnen Tracks des Albums 'Lost Alone' unterscheidet er sich nämlich völlig: 'Der 'Beyond The World'-Track auf :Septic IV' ist eigentlich ein remix, der komplett anders klingt als die Originalversion', klärt Stefan Poiss auf. 'Die Anmerkung, dass es sich hierbei um einen 'Remix' handelt, wurde in der Tracklist leider vergessen.' Dies sei aber nicht der einzige Grund für eine gewisse Andersartigkeit gegenüber dem Album: 'Es war aufgrund der unterschiedlichen Vocal-Arten des Albums einfach schwierig, einen geeigneten Track zu finden, der mind.in.a.box am ehesten repräsentiert. Nichtsdestotrotz hätte 'Beyond The World' aber auch nicht auf 'Lost Alone' gepasst, rein vom Konzept und den Lyrics. Außerdem wollte das Label den Remix unhedingt auf dem 'Septic'-Sampler haben. Die originale Version von 'Beyond The World' werde ich sicher in Zukunft ebenfalls veröffentlichen, es ist aber noch nicht klar in welcher Form. Es Klingt wirklich ganz anders als der Remix.'