mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'Sonic Seducer 07-08/2004', Interviewer:'Marc Urban', about: 'Lost Alone', Date: 2004-07-01
 
Link: Sonic Seducer 07-08/2004
 
Was lange währt...
...wird endlich gut. Jüngster Beweis für die Richtigkeit dieses Ausspruchs ist die Wiener Formation mind.in.a.boH. Denn für ihren Erstling 'Lost Alone' haben S.P. alias Stefan Poiss und sein Kollege Markus Hadwiger mehr als drei Jahre gebraucht. Allerdings nicht, weil sie etwa die Langsamkeit für sich entdeckt hätten, nein, sie hatten vorher einfach nicht das Bedürfnis, eine CD herauszubringen. Zudem wollte man ein perfektes Produkt abliefern und musste sich daher über die Jahre erst einmal das nötige Know-how drauf- und das entsprechende Equipment anschaffen. Wenn man 'Lost Alone' hört, realisiert man sofort, dass dieser Masterplan der einzig richtige war.

Sonic Seducer: Stefan, ihr steht seit drei Jahren in Kontakt zu eurem jetzigen Label Dependent. Wieso kommt euer Debüt 'Lost Alone' trotzdem erst jetzt?

Stefan Poiss: Das hat viele Gründe: Zunächst einmal machte ich zuvor fast ausschließlich instrumentale Tracks und Soundtracks zu Computerspielen. Als ich meine ersten Vocal-Tracks losschickte, hatte ich noch zu wenig Material für ein komplettes und in sich stimmiges Album, doch da rief mich Dependent schon an. Ein weiterer Grund war auch, dass noch einige Verbesserungen der Klangqualität notwendig waren. Es fehlten mir damals notwendiges Equipment und Wissen, wie man mit hoher Qualität abmischt, was mir zu dieser Zeit relativ egal war, weil ich zuvor nie eine Platte rausbringen wollte. Wie gesagt, ich machte in einem anderen Bereich Musik, ziemlich abgeschottet von der allgemeinen Musik-Szene. Vielleicht auch ein Grund, warum meine Musik einen sehr eigenen Stil hat.
 
Gibt es ein Rezept, wie dieser tatsächlich sehr eigene Stil entsteht?
Stefan: Ich war einmal wegen zwei Songs bei zwei verschiedenen Produzenten, bei denen ich in punkto Abmischung sehr viel dazulernte. Meine Songs entstanden damals alle noch auf einem selbstgeschriebenen Sequenzer, den Markus programmiert hatte. Diesen Sequenzer namens 'MFD' verwendete ich mehr als zehn Jahre. Ich bin übrigens der einzige, der ihn jemals benutzte. Mir wurde bei den Produzenten jedenfalls klar, dass ich meine Songs selbst produzieren musste, wenn ich meinen ,eigenen Sound' beibehalten wollte. So investierte ich dann in notwendige Teile für mein Studio und produzierte selbst alle Songs noch einmal und noch einige weitere hinzu. Im Prinzip entstand das Album also zweimal.
 
Der Bandname mind.in.a.box , das Artwork wie auch euer Internetauftritt lassen auf ein festes Konzept schließen, das sich weitestgehend um das Thema Isolation dreht. Stimmt das?
Stefan: Sehr vereinfacht gesagt geht es bei unserem Konzept und der Welt von mind.in.a.box, in der die Gescfllchten spielen, die in unseren Lyrics erzählt werden, um mehrere unterschiedliche Gefühle beziehungsweise Thematiken der Isolation und Einsamkeit, die sich aber doch sehr gut ergänzen. Das eine ist das Gefühl, nicht wirklich frei zu sein und in einer Welt zu leben, die viele als zunehmend egoistisch und auf sich selbst konzentriert empfinden. Unsere Welt wird von äußeren Zwängen und Normen bestimmt, die heute auch von den Medien vorgegeben werden, und denen man sich nicht so leicht entziehen kann. Ein anderes Gefühl bezieht sich auf Menschen, die sich durch ihre Einstellung oder Haltung selbst isolieren, vielleicht auch eine Zeitlang glauben, dass sie genau das tun, was sie tun möchten, in Wirklichkeit aber sehr einsam und verlassen sind.
 
Eine Eigenart, die den Sound von mind.in.a.box ausmacht, ist der Gesang. Inwieweit passen die unterschiedlichen, teilweise künstlich erzeugten Stimmen in dieses Konzept?
Stefan: Wir wollten einerseits viel Abwechslung bieten und überraschen, andererseits passten die verschiedenen Vocal-Stile oft zu den einzelnen Songs, und wir konnten dadurch die Story, die wir erzählen wollten, besser rüberbringen. Unterschiedliche Stile repräsentieren auch oft verschiedene Personen in den Geschichten der mind.in.a.box-Welt. In dem Track 'Forever Gone' singt beispielsweise ein Mensch den Refrain, der nicht mehr in unserer bekannten Realität lebt, wohingegen die Telefonate in der mehr oder weniger realen Welt spielen. Das wollte ich mit dieser künstlichen Stimme unterstreichen. Bei dem Song 'Lost Alone' andererseits konnte ich mir damals nichts anderes als diese Vocoderstimme vorstellen; das passte einfach sehr schön zur Melodie. Und die eigentliche Geschichte spielt auch in einem sehr surrealen Setting.
 
Warum gibt es von diesem Lied auf dem Album noch eine Fortsetzung?
Stefan: Die beiden Songs sind praktisch zwei sich ergänzende Hälften ein und derselben Geschichte. In 'Lost Alone' fühlt sich jemand sehr einsam und verlassen, sowohl in physischer also auch psychischer Hinsicht, und, obwohl es ein wenig Trost gibt, der im Refrain anklingt, diesen einfach nicht wahrnimmt. 'Lost Alone 2' ist dann schon ein wesentlich deutlicherer Schritt, um dieser Einsamkeit mit Hilfe eines anderen Menschen zu entkommen. Die beiden Protagonisten aus diesen Songs sind zwei verschiedene Personen.
 
Was gleichzeitig eine Parallele zur Band mind.in.a.box aufzeigt. Mehr, als dass ihr ebenfalls zwei unterschiedliche Personen seid, weiß man von euch bisher nicht ...
Stefan: Wir wollen mehr das Konzept hinter mind.in.a.box in den Vordergrund rücken als uns als Personen. Deshalb sind derzeit auch keine Konzerte oder ähnliches geplant. Dafür sind wir selbst noch zu sehr minds in a box.