mind.in.a.box interview:

mind.in.a.box - Interview for magazine 'Elektrauma', Interviewer:'Nuuc', about: 'Lost Alone', Date: 2004-06-01
 
Link: Elektrauma
 
Erst mal herzlichen Glückwunsch zu einem sehr gelungenen Album. Du bist ja von allen Szenemagazinen in höchsten Tönen gelobt worden. Wie ist das Gefühl, nach der Arbeit so viel Lob zu erhalten?
Stev: Unglaublich. Ich hätte niemals mit so tollen Kritiken gerechnet. Einen besseren Einstieg hätte es wohl nicht geben können. Geschmäcker sind bekanntlich sehr verschieden... und umso erstaunlicher finde ich die tolle Reaktion so vieler Kritiker. Mir bleibt nur übrig, mich bei allen zu bedanken! Das gibt natürlich viel Motivation für die Arbeit an neuem Material.
 
Wie lange hast du an diesem Album gefeilt?
Stev: In Summe etwa drei Jahre, aus sehr unterschiedlichen Gründen. Auf zukünftige mind.in.a.box Alben wird man aber nicht ebenso lange warten müssen! :)
 
Deine musikalischen Anfänge hattest du allerdings als Computerspielmusiker. Wie bist du dazu gekommen und wie sehr hat sich das beeinflusst bei deinem Album?
Stev: Viele meiner Freunde sind Programmierer oder Grafiker. Meine Aufgabe war es immer, die Musik zu den gemeinsamen Projekten beizusteuern, sei es ein Demo oder ein Spiel. Das begann am Commodore 64 und ging mit dem PC weiter. Die Vorraussetzungen waren in diesem Bereich natürlich komplett anders. Man hatte meist mit technischen Beschränkungen zu kämpfen und musste versuchen das Beste aus den technischen Möglichkeiten herauszuholen. Ich habe lange Zeit in diesem Bereich elektronische Musik gemacht und bin sehr spät in den reinen Musikbereich gekommen. Erst in den letzten Jahren arbeitete ich an einer CD-Veröffentlichung. Aber jetzt ist es soweit! :) Diese Vergangenheit hat meine heutige Arbeitsweise Musik zu machen mit Sicherheit stark geprägt.
 
Du nennst dich ja Mind In A Box. Worauf möchtest du mit diesem Titel anspielen?
Stev: Eine der Bedeutungen von „mind.in.a.box“ ist, im übertragenen Sinne „gefangen“ zu sein. Dabei symbolisiert es zum Beispiel, nicht herauszukommen aus sich selbst, nicht das tun zu können, was man tun möchte. Somit unterwirft man sich bestimmten Normen und Zwängen in unserem System. Aus diesem Gefühl nicht wirklich frei zu sein kommt man oft nicht so leicht heraus, ohne dabei seine eigene Existenz zu gefährden.
 
Man kann deine Musik eigentlich schlecht kategorisieren. Es sind sehr viele Elemente enthalten. Wie würdest du deinen Sound nennen?
Stev: Ich finde solche Kategorisierungen generell etwas einschränkend und nur teilweise anwendbar. Einige Leute sagen, dass der Begriff Technopop es ganz gut trifft. :)
 
„Lost Alone“ heißt dein Erstlingswerk. Wie bist du auf diesen Titel gekommen?
Stev: Er beschreibt sehr gut das Grundthema des Albums, und es gibt zwei Songs darauf, die so heißen. Der Albumtitel stand dadurch sehr bald fest.
 
Auffällig bei deinen Kompositionen sind vor allem deine variablen Stimmen, die mal ins tief sonore gehen und manchmal wie bei Gigi D´Agostino hochgepitscht werden. Nach welchen Kriterien hast du diese verschiedenen Stimmen genommen?
Stev: Ich habe versucht, die Stimme den verschiedenen Charakteren und Schauplätzen, die wir darstellen wollten, anzupassen. In „Change“ spricht beispielsweise das Unterbewusstsein einer Person, in „Forever Gone“ singt den Refrain eine Person, die nicht mehr in der gewohnten Form in der realen Welt existiert. Ich fand das einfach sehr passend. Durch die vielen Vocalarten wird andererseits auch für viel Abwechslung gesorgt, und der Hörer des Albums wird dadurch immer wieder aufs Neue überrascht.
 
Dein Album verbreitet eine sehr melancholische Stimmung. Spiegeln sie deinen momentanen Gemütszustand wieder? Worum geht es allgemein in deinen Songs?
Stev: Ja, das Album spiegelt genau meinen Gefühlszustand wieder. In den Songs werden Thematiken der Isolation und Einsamkeit behandelt, die als Metaphern für unsere Welt zu verstehen sind. Allerdings erzählen die Songs auf „Lost Alone“ bestimmte (fiktive) Geschichten, die dadurch nicht unbedingt direkt persönliche Bezüge haben.
 
Eigentlich kann man deine Lieder nicht gerade als „Clubfutter“ bezeichnen. Legst du nicht so viel Wert darauf, dass deine Stücke in den Clubs gespielt werden?
Stev: Du hast Recht! Ich habe nicht direkt darauf geachtet, ob die Songs in der Albumversion im Club lauffähig sind oder nicht. Ich wollte vor allem Inhalte möglichst gut umsetzen und gute Musik machen, ohne zu sehr auf externe Einflüsse Rücksicht zu nehmen. In der Hidden-Area auf www.mindinabox.com (zu der alle Album-Käufer Zugang haben) gibt es aber zum Beispiel bereits einen Clubmix von „Lost Alone“ als freien Download. Ich habe auch noch ein paar andere auf Lager, die ich in Zukunft veröffentlichen möchte, in welcher Form auch immer.
 
Wie entstehen bei dir die Songs und die Melodien? Woher nimmst du die Inspiration?
Stev: Zuerst stelle ich mir ein bestimmtes Szenario vor, das ich vertonen möchte. Das kann ein Bild oder auch ein Gefühl, eine bestimmte Stimmung, sein. Vom Aufbau der Songs habe ich eigentlich kein festgelegtes Arbeitsschema. Ich versuche normalerweise gezielt, das Konzept eines Songs umzusetzen. Allerdings kommen die tatsächlichen Melodien aus dem Gefühl heraus.
 
Wie hat sich dein Leben geändert, nachdem du als „Newcomer“ gehypt worden bist?
Stev: Ich bekomme mehr Emails und muss viel Zeit mit Interviewschreiben verbringen :) Ich mache zwar schon seit über fünfzehn Jahren elektronische Musik, aber durch einen kompletten Albumrelease steigt das Interesse natürlich enorm. Ich freue mich sehr über die Anerkennung, insbesondere über die anderer Musiker.
 
Höchstwahrscheinlich wird es auch schon einige Anfragen gegeben haben, dass du mal Live auftrittst. Hast du das schon gemacht oder kannst du dir vorstellen, dich auf der Bühne zu zeigen?
Stev: Ja, das wurde ich schon oft gefragt. Im Moment sind jedoch keine Konzerte geplant.
 
Man hat dein Album als ein „Meilenstein“ bezeichnet. Kann man das dann eigentlich noch überbieten? Wie hoch ist der Druck bei dir, ein weiteres Album auf den Markt zu bringen?
Stev: Das ist in der Tat kaum noch zu überbieten, und es freut mich sehr. Allerdings denke ich, dass man einfach unbeirrt seinen eigenen Weg gehen muss, wenn man ein Konzept umsetzen will, und insofern glaube ich nicht, dass es mir Druck auferlegt. Das nächste mind.in.a.box Album ist bereits im Entstehen, und ich arbeite konstant an neuen Songs. Nächstes Jahr kann man sicher wieder mit einem Album von mind.in.a.box rechnen.